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Wärmekongress in Stuttgart: Wie die Wärmewende schneller vorankommt

Prof. Dr. Michael Bauer, Partner der Drees & Sommer SE, verantwortet dort den Bereich nachhaltige Energiekonzepte auf Gebäude- wie auch Quartiersebene. Das auf Bau, Immobilien und Infrastruktur spezialisierte Unternehmen begleitet u.a. Industrieunternehmen mit sogenannten Zero Carbon Transformationsplänen. Der Fokus liegt dabei darauf, Maßnahmen zur Energieeffizienz und Dekarbonisierung zu identifizieren und einen entsprechenden Handlungspfad zu erstellen. © Drees & Sommer SE
80 Prozent der CO2-Emissionen der Landesverwaltung gehen auf die Landesgebäude zurück, also Hochschulen, Polizeipräsidien oder Finanzämter. Zu den Liegenschaften des Landes gehören rund 8.000 Gebäude mit etwa 12 Millionen Quadratmetern Gebäudefläche. Prof. Kai Fischer, Ministerialdirigent im Finanzministerium des Landes, leitet die Abteilung Vermögen und Hochbau und stellte das Energie- und Klimaschutzkonzept vor. Es enthält die Maßnahmen, wie die Landesverwaltung bis 2030 nettotreibhausgas-neutral werden kann. © Drees & Sommer SE
Mehr als 130 Personen nahmen am Kongress teil, darunter vor allem Bauherren, Planungs- und Beratungsunternehmen, Expert:innen aus der Wissenschaft, Unternehmen aus der Energiewirtschaft sowie ausführende Firmen, die gebaute Lösungen für die grüne Wärmetransformation in Bestandsliegenschaften vorstellten und miteinander diskutieren. © Drees & Sommer SE

Noch immer schreitet die Wärmewende in Deutschland schleppend voran. Wie sich das so schnell wie möglich ändern lässt, thematisierte gestern die Veranstaltung „Grüne Wärmetransformation – Lösungen für Bestandsliegenschaften“ im Haus der Wirtschaft in Stuttgart. Dazu eingeladen haben das Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg, das Beratungsunternehmen Drees & Sommer SE, das Institut für Gebäudeenergetik, Thermotechnik und Energiespeicherung (IGTE) der Uni Stuttgart und das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme. Teilgenommen haben mehr als 130 Personen, darunter vor allem Bauherren, Planungs- und Beratungsunternehmen, Expert:innen aus der Wissenschaft, Unternehmen aus der Energiewirtschaft sowie ausführende Firmen, die gebaute Lösungen für die grüne Wärmetransformation in Bestandsliegenschaften vorstellten und miteinander diskutieren.

„Sektorübergreifend muss der Gebäudebestand schnellstmöglich klimaneutral werden, vor allem also bei der Wärmeerzeugung per saldo praktisch kein CO2 mehr ausstoßen. Hier spielt die grüne Wärmetransformation eine Schlüsselrolle auf dem Weg zur Klimaneutralität. Während wirtschaftliche Lösungen für die regenerative Stromerzeugung mit Photovoltaik und Windenergie zur Verfügung stehen, fehlen sie noch für die grüne Wärmetransformation in Bestandsliegenschaften“, so Prof. Dr. Michael Bauer, Partner der Drees & Sommer SE.

Mehr als die Hälfte des gesamten Endenergieverbrauchs macht in Deutschland die Wärmebereitstellung aus. Dazu zählen Raumwärme, Warmwasser, Prozesswärme oder auch die Wärme zur Kälteerzeugung. Neben Energieeffizienzmaßnahmen muss der Anteil erneuerbarer Energieträger eine viel größere Rolle einnehmen. Denn seit 2013 wächst der Beitrag erneuerbarer Energieträger am deutschen Wärmeverbrauch nur wenig. Derzeit beträgt er mit rund 17,4 Prozent nicht einmal ein Fünftel.[1] Was allein das Heizen angeht, kommt bei der Hälfte der Privathaushalte in Deutschland Gas und bei etwa weiteren 20 Prozent Heizöl zum Einsatz.[2]

Qual der Wahl? Kommunale Wärmeplanung schafft Klarheit

Im Rahmen des geplanten Gesetzes zur kommunalen Wärmeplanung müssen spätestens in fünf Jahren alle Kommunen in Deutschland Pläne vorgelegt haben, wie sie eine klimafreundliche Wärmeversorgung sicherstellen. Insbesondere geht es dabei um die Potenziale für den Anschluss von Gebäuden an Wärmenetze. Wenn der Anteil erneuerbarer Energieträger bei Fern- und Nahwärmenetze möglichst hoch ist, gelten sie nicht nur als umweltfreundlich, sondern lohnen sich oft auch in wirtschaftlicher Hinsicht.„Wenn jedoch kein Anschluss an Fernwärme- oder Nahwärmenetze mit wesentlicher regenerativer Energieerzeugung möglich ist, ist meistens die Wärmepumpe mit wirtschaftlichen und effektiven Wärmequellen und möglichst niedrigen Betriebstemperaturen die sinnvollste und zukunftsfähigste Lösung“, so Bauer.

Stringenter Plan für landeseigene Gebäude in Baden-Württemberg

Den Einsatz von Wärmepumpen will auch die Landesregierung Baden-Württemberg deutlich ausbauen, wie Prof. Kai Fischer, Ministerialdirigent im Finanzministerium des Landes berichtet. „Unsere Landesgebäude spielen eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, den CO2-Ausstoß der Landesverwaltung zu senken. Denn bei der Landesverwaltung gehen 80 Prozent der CO2-Emissionen auf die Landesgebäude zurück, also Hochschulen, Polizeipräsidien oder Finanzämter. Die Landesverwaltung soll bis 2030 nettotreibhausgas-neutral werden. Wie die Landesliegenschaften dazu beitragen, haben wir in unserem Energie- und Klimaschutzkonzept[3] zusammengefasst“, erklärt Fischer. So verzichtet die Landesregierung künftig auf Heizöl zur Wärmeerzeugung und ersetzt es in eigenen Heizzentralen bis 2028 durch Erneuerbare Energieträger. „Auch Erdgas setzen wir bei neuen oder zu modernisierenden Anlagen nur noch in Ausnahmen ein. Genauso setzen wir auch den Ausbau von Blockheizkraftwerken bzw. Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die fossile Brennstoffe nutzen, nicht fort.“

Auch Industrie vor gewaltigen Herausforderungen

Doch nicht nur den privaten Haushalten und der Öffentlichen Hand stehen enorme Herausforderungen bevor: „Auch die Industrie steht bei der grünen Wärmetransformation ganz am Anfang. Großwärmepumpen, Nah- und Fernwärmenetze, die Tiefengeothermie oder Abwärme aus Industrieprozessen und Abwasserkanälen werden die Wärmeinfrastruktur der Zukunft prägen. Ein effektiver Schlüssel zum Erfolg von Zero Carbon besteht auch in der Sektorkopplung. Hier werden Industrie, Mobilität, Wärme und Strom werden nicht mehr isoliert betrachtet, sondern interagieren miteinander“, betont Michael Bauer. Abschließend stellte er fest: „Die für unsere Gesellschaft so wichtige Wärmewende können wir nur sektorübergreifend realisieren. Verschiedenen Industriezweige und alle an Bau und Infrastruktur beteiligten Akteurinnen und Akteure müssen sich intensiv austauschen, von ihren Strategien und Maßnahmen lernen und beginnen, sie idealerweise sinnvoll aufeinander abzustimmen. Nur gemeinsam können wir für die Klimaziele durch den Einsatz von regenerativer Energie etwa aus Sonne, Wind, Geothermie und künftigen grünem Wasserstoff viel bewirken.“

Mehr dazu lesen Sie in unserer Presseinformation.

 


[1]Energieverbrauch für fossile und erneuerbare Wärme | Umweltbundesamt

[2]Zum Heizen primär verwendete Energieträger 1. Halbjahr 2022 - Statistisches Bundesamt (destatis.de)

[3] Konzept für Klimaneutralität bis 2030 Energie- und Klimaschutzkonzept für landeseigene Liegenschaften: Klimaschutz fuer eine lebenswerte Zukunft (baden-wuerttemberg.de)