Presseinformation

„Es geht nicht um blauäugigen Optimismus – sondern um den Glauben daran, dass wir Zukunft gestalten können“

Dr. Florence Gaub, Zukunftsforscherin und Politikwissenschaftlerin, ist Leiterin der Forschungsabteilung des NATO Defense College in Rom. Welche Hebel die Bau- und Immobilienbranche umlegen kann, um auf eine positive Zukunft hinzuwirken, das diskutierte sie gestern in Köln mit Ökonom Carsten Wesselmann sowie Expertinnen und Experten des Beratungsunternehmens Drees & Sommer SE beim Event „Zukunft aktiv gestalten“. © Drees & Sommer SE
Paneldiskussion beim Drees & Sommer-Event „Zukunft aktiv gestalten“ in Köln. © Drees & Sommer SE

Wir müssen die Welt, in der wir morgen leben wollen, heute aufbauen und gestalten: In kaum einer Branche ist das so offensichtlich wie in der Bau- und Immobilienwirtschaft. Heute geplante Immobilien prägen und beeinflussen über Jahrzehnte den Alltag und den Handlungsspielraum vieler Menschen. Auch was nach dem Ende der Nutzungsdauer mit den Baumaterialien geschehen soll, können wir schon heute aktiv beeinflussen. Wie wir jetzt optimistisch unsere Zukunft planen und pragmatisch ‚ins Machen kommen‘ – darüber diskutierten Zukunftsforscherin Florence Gaub und Ökonom Carsten Wesselmann, Chefvolkswirt der Kreissparkasse Köln, mit Branchenexperten gestern auf dem Drees & Sommer-Event „Zukunft aktiv gestalten“ in Köln.

Zieht am Horizont schon wieder ein neuer Sturm auf? Das fragen sich in diesen Tagen viele. Angesichts von Klimawandel, Krieg und Inflation fällt es vielen Menschen derzeit schwer, aus dem akuten Krisenmanagement-Modus auszubrechen und zuversichtlich zu sein. „In der gesellschaftlichen Debatte hat sich ein gewisser Fatalismus verfestigt“, fasst Florence Gaub die aktuelle Stimmungslage zusammen. Die Zukunftsforscherin, Politikwissenschaftlerin und Leiterin der Forschungsabteilung des NATO Defense College in Rom sieht gerade im Katastrophendenken selbst eine große Gefahr für unsere Zukunft: „Wir tun uns damit keinen Gefallen. Denn oft ist es erst dieses mutlose und schwarzseherische Denken und die damit verbundene Lähmung, die eine Katastrophe schlussendlich herbeiführen.“ Sinnvoller sei, sich klarzumachen: „Unsere Zukunft ist nicht determiniert. Jeder Einzelne hat Einfluss- und Handlungsmöglichkeiten“, so die Expertin. Die entscheidende Frage, die sich Jede und Jeder daher stellen sollte, laute: „Welche Hebel kann ich heute umlegen, welchen Weg kann ich einschlagen, um auf eine positive Zukunft hinzuwirken?“

Gebaute Zukunft: Baubranche als Transformationstreiber

Welche Hebel und Wege das im Fall der Bau- und Immobilienbranche sein könnten, darüber diskutierten Zukunftsforscherin Gaub, Ökonom Carsten Wesselmann sowie Expertinnen und Experten des Planungs- und Beratungsunternehmens Drees & Sommer beim Panel „Zukunft aktiv gestalten – konkrete Lösungen für die Bau- und Immobilienwirtschaft“ in Köln.

Die Debatte findet zu einem kritischen Zeitpunkt statt. Denn auch die Bau- und Immobilienbranche ringt derzeit um eine positive Einstellung zur Zukunft: Optimisten und Pessimisten malen sehr unterschiedliche Bilder von dem, was Unternehmen erwartet. Ist die Branche mit ihrem großen CO2-Fußabdruck letztlich dazu verdammt, ein Klimakiller zu sein? Oder kann ein neuer Umgang mit verbauten Ressourcen im Gegenteil sogar ein entscheidender Hebel für klimaschonendes Wirtschaften werden? Macht die in Europa und Deutschland geplante Regulierung für kreislauffähiges Bauen wirtschaftliche Immobilienprojekte unmöglich – oder wird die Regulierung vielmehr zum Katalysator für eine echte Bauwende, von der am Ende alle profitieren?

Welcher Argumentation man folgen wolle, sei am Ende Einstellungssache, sagt Stefan Heselschwerdt, verantwortlicher Drees & Sommer-Partner am Standort Nordrhein-Westfalen.  „Wir müssen Probleme und Herausforderungen unserer Branche klar benennen. Aber wir dürfen uns von ihnen nicht den Blick auf unsere Chancen und Handlungsmöglichkeiten verstellen lassen.“ Die aktuellen Debatten in der Branche seien ihm oft zu defensiv: „Wir sollten uns nicht als Getriebene der Transformation verstehen, sondern als aktive Treiber und Zukunftsgestalter.“ 

Viele Lösungsansätze liegen schon auf dem Tisch

In der Praxis sei das oft leichter gesagt als getan, räumt Drees & Sommer-Partner Stefan Heselschwerdt ein. „Wir dürfen einerseits den Blick auf das große Ganze nicht verlieren – müssen uns andererseits aber im Hier und Jetzt auf konkrete Innovation und Wirtschaftlichkeit konzentrieren.“ Zugleich, betont Heselschwerdt, lägen viele Ideen und Lösungsansätze bereits vor: „Revitalisierung statt Abriss, Verwertung statt Abfallbeseitigung und kreislauffähiges Design – darauf müssen wir setzen.“

Das kann er auch mit Beispielen untermauern. So war Drees & Sommer zum Beispiel gemeinsam mit dem Bauprojektentwickler Delta Development am Bau eines nachhaltigen Logistikzentrums für ein Modeunternehmen beteiligt: Dabei konnten Brachflächen einer früheren Zeche im Ruhrgebiet wiederbelebt werden. Dank kreislauffähiger Materialien, Regenwassertanks, Dachbegrünung und geothermischer Energieversorgung wirkt sich das Gebäude nun sogar positiv auf das Klima und den Wasserverbrauch in der Region aus. Am Ende der Nutzungsdauer können alle Materialien wiederverwendet werden. „Wenn wir lernen, die Gebäude und Infrastruktur von heute als Rohstofflager von morgen zu betrachten, entstehen ganz neue, kreative Impulse für zukunftsfähige Immobilienprojekte“, sagt Heselschwerdt. 

Mit innovativen Lösungen nicht auf Regulierung warten

Die Bundesregierung verfolgt ähnliche Ziele und hat sich daher die Einführung eines digitalen Gebäuderessourcenpasses nicht nur auf die Fahnen, sondern auch in den Koalitionsvertrag geschrieben. Leuchtturmprojekte wie das Logistikzentrum im Ruhrgebiet, das Holz-Hybrid-Gebäude The Cradle in Düsseldorf, oder auch das neue Drees & Sommer-Gebäude OWP12 in Stuttgart zeigen schon heute die Vorteile: Ein digitaler Gebäuderessourcenpass weist die Baustoffe der dazugehörigen Immobilie detailliert aus. Neben den Bau- und Abbruchabfällen soll er auch den Anteil nachwachsender Rohstoffe sowie wiederverwendeter oder recycelter Materialien erfassen. Der Gebäuderessourcenpass soll zudem die Umweltwirkungen eines Gebäudes über eine Referenznutzungsdauer von 50 Jahren beschreiben. Außerdem beschreibt er die im Rahmen einer Ökobilanzierung ermittelten Treibhausgasemissionen des Bauwerks und den Primärenergiebedarf aus nicht-erneuerbaren Energiequellen.

Nun gelte es, auch neue Werkzeuge wie Künstliche Intelligenz gezielt und mutig einzusetzen und deren Potenzial zu nutzen, sagt Kilian Huneke, Senior Consultant bei Drees & Sommer: „Künstliche Intelligenz wird eine Schlüsselrolle einnehmen und Unternehmen radikal disruptieren. Unternehmen, die sich schnell anpassen und diese Chance ergreifen, werden an der Spitze bleiben. Dafür brauchen sie Kompetenzen wie ein digitales Mindset, eine positive Neugierde gegenüber innovativen Technologien, Veränderungsbereitschaft und  Lernbereitschaft.“

Für Kilian Huneke ist das nicht eine Frage des Vorhandenseins von Tools und Technik, sondern eine Frage der Unternehmenskultur, wenn es darum geht AI und GenAI im Unternehmen zu integrieren und ins Laufen zu bringen: „KI wird unsere Industrien transformieren, Immobilien smarter machen und unsere Infrastrukturen revolutionieren. Es geht nicht nur darum, effizienter zu werden oder Energie zu sparen – es geht darum, ganz neue Möglichkeiten zu schaffen“. Sein Arbeitgeber Drees & Sommer ist Vorreiter und Innovationsführer, weil AI frühzeitig erkannt und implementiert wurde. „Es gibt eine AI Strategie, wir gehören zum Microsoft Early Acce Program für den Copilot, wir haben einen Ideathon gemacht, wir arbeiten an einem unternehmensinternen DresoGPT, es gibt viele AI-Use Cases, an denen wir arbeiten.“

Ökonom wünscht sich mehr Selbstvertrauen der Immobilienbranche

Mehr Zuversicht und Kreativität seitens des Immobilienbranche wünscht sich auch Carsten Wesselmann, Chefvolkswirt der Kreissparkasse Köln und Professor der Hochschule Fresenius für den Fachbereich Wirtschaft. „Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Bau- und Immobilienbranche ist groß – entsprechend groß ist auch der Hebel, mit dem sie die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft in die eine oder andere Richtung lenken kann.“

Innovative Lösungsansätze, konkrete Pilotprojekte, positive Zukunftsvisionen: Unterm Strich, fasst Zukunftsforscherin Florence Gaub zusammen, sei die wichtigste Erkenntnis für die Branche, dass sie viele Möglichkeiten und großen Einfluss auf Wirtschaft und Gesellschaft habe. Darauf gelte es, sich zu konzentrieren. „Es geht nicht um blauäugigen Optimismus – sondern um den Glauben daran, dass wir Zukunft gestalten können.“