Alice Knorz: Jahrgang 1972, studierte an der University of Technology Sydney Bachelor Business Administration mit Schwerpunkt Marketing & Management. Ihre unternehmerische Karriere begann sie 1994 bei Nike, wo sie bis 2011 verschiedene Positionen im Marketing- und Sales-Bereich besetzte. 2011 machte sie sich mit Magnolia Charm, einer Marke für handgefertigten Schmuck, als Designerin und Geschäftsführerin selbstständig. Seit 2019 ist sie Geschäftsführende Vorständin der Fairantwortung gAG.
Drees & Sommer (D&S): Das Jahr 2022 wird als Krisenjahr in die Geschichte eingehen. Wie gelingt nachhaltige Transformation in turbulenten Zeiten?
Alice Knorz: Das ethische Element muss in den Kern des Wirtschaftens rücken. Unternehmen müssen eine vernünftige Nachhaltigkeitsstrategie etablieren und davon ausgehend die Menschen im Unternehmen mitnehmen. Wir können nicht auf Kosten anderer ewig unseren Gewinn einfahren. Also müssen wir diese externen Kosten berücksichtigen und fairer ins Unternehmertum einsteigen. Das ist der Treiber, den wir für Innovation und Nachhaltigkeit, für soziale Gerechtigkeit und letztlich auch für unsere Demokratie brauchen. Darauf müssen wir achten.
D&S: Woran können sich Unternehmen orientieren?
Alice Knorz: Zunächst einmal an der Regulatorik für die großen Unternehmen, die bereits zu ihren nachhaltigen Tätigkeiten Auskunft geben müssen. Das wird jetzt im Rahmen des „European Green Deal“ und der „Corporate Sustainability Reporting Directive“ nochmals verschärft. Es gibt zudem gute Beispiele von Unternehmen, die für sich erkannt haben, dass achtsamer mit unserer Umwelt umgegangen werden muss. Das sind oft mittelständische Unternehmen, die aber langfristiger denken und sich fragen: Wie stellen wir uns auf, dass wir das an die nächste Generation weiter-geben können? Wie sichern wir die Arbeitsplätze unserer Mitarbeitenden? Dazu braucht es auch Mut. Und da ist es auch die unternehmerische Verantwortung zu sagen: Wir gehen jetzt diesen Schritt und sind auch ein Vorbild für andere. Ich glaube tatsächlich, dass das ein erfolgreicher Weg ist, der Innovationen bringt. Und dass Unternehmen damit ihr Fortbestehen sichern.
D&S: Inwieweit spielen Verständnis und Begeisterung der Unternehmer eine Rolle?
Alice Knorz: Man nennt das „Sustainability Mindset“. Und es gibt viele Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer, die das verstanden haben. Die Hürde ist oft: Wie nehme ich meine Mitarbeitenden mit? Und da gibt es viele Methoden. Aber letztlich muss man für das große Thema sensibilisieren und begeistern. Das kann man über partizipative Methoden und Weiterbildung. Aber vom Wissen ins Handeln zu kommen, das ist das Wichtigste. Nachhaltigkeit ist da und wird es bleiben. Wir werden zukünftig immer anhand dieses Rahmens arbeiten müssen. Deswegen ist es so wichtig, die Mitarbeitenden im ersten Schritt mitzunehmen und auch auf sie zu setzen. Sie sind Teil der Lösung.
D&S: Sie sagen, Ökonomie und Ökologie stehen nicht im Widerspruch zueinander.
Alice Knorz: Ganz genau. Katjes hat schon 2016 auf tierische Gelatine verzichtet. Das war ein großer Schritt für sie. Sie haben sich dadurch von der Konkurrenz abgehoben und eine unglaubliche Treibhausgasreduktion erreicht. Und sie haben zum Beispiel auch die Firmenpolitik, dass sie nicht für Kinder Werbung machen – Kinder sind nicht ihre Zielgruppe. Sie denken schon viel holistischer, als nur zu fragen: Wie groß ist unser CO2-Fußabdruck? Nachhaltigkeit ist ja viel mehr als das. Es gibt viele weitere Beispiele, wo ein nachhaltiges Geschäftsmodell eine Chance für die Zukunft ist.
D&S: Done is better than perfect! – So ihr Motto. Was möchten Sie uns auf die Reise ins kommende Jahr mitgeben? Was ist Ihr wichtigster Antrieb?
Alice Knorz: Das Thema Nachhaltigkeit als Innovationstreiber zu verstehen und tief in der Strategie zu verankern. Dass man diese Frage der Nachhaltigkeit im ökologischen und sozialen Sinne in allen Entscheidungen mitträgt. Wie handeln wir? Handeln wir nachhaltig? Wird es für die Welt einen positiven Impact erzeugen? Wenn das verinnerlicht wird, dann werden wir diese Transformation schaffen. Es ist sinnvoll, der Regulatorik einen Schritt voraus zu sein und das als USP herauszu-kristallisieren. Nicht das Alte effizienter machen, sondern neue Wege gehen. Wenn wir die Menschen in den Mittelpunkt stellen, kann das vielleicht bedeuten, dass es zwei Schleifen mehr braucht. Aber dafür ist es dann auf lange Sicht erfolgreicher.