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Deshalb funktionieren kreislauffähige Arbeitswelten (noch) nicht

Der Ressourcenbedarf der Bauwirtschaft ist groß und macht Kreislaufwirtschaft zur Notwendigkeit. Der Wille dazu ist bei vielen Beteiligten vorhanden. Dennoch werden nur kleine Schritte in diese Richtung geschafft, meint Martin Luptacik, Bereichsleiter des Geschäftsfeldes „Workplace Consulting“ beim Immobilienberatungs- und -planungsunternehmen Drees & Sommer.

Entwickler, Hersteller, Generalunternehmer, Konsumenten und Gesetzgeber hätten ihre jeweils eigenen Interessen. Es fehle an gegenseitigem Verständnis und an Know-how, wie Kreislaufwirt­schaft sinnvoll umgesetzt werden kann. Nachhaltigkeit sei zudem teuer und werde marktseitig nicht belohnt. Und trotzdem führe an Kreislaufwirtschaft kein Weg vorbei, so der Tenor eines Round Table, zu dem Drees & Sommer Österreich unlängst den Gipskartonhersteller Knauf, den Büromöbelhersteller Bene, das Bodenbelagsunternehmen Interface, den Möbelspezialisten Girsberger und den Akustik- und Möbelhersteller Buzzispace einlud. Denn neben anstehenden gesetzlichen Vorgaben auf Bundes- und EU-Ebene und der ökologischen Verantwortung, die jedes Unternehmen trage, erfordere etwa auch die voranschreitende Rohstoffknappheit einen grundlegenden Wandel.

Recycling alleine löse das Grundproblem nicht: Materialien können nicht endlos wieder­verwertet werden und verlieren bei jedem Recyclingschritt an Qualität, oftmals sind sie schon gar nicht in ausreichendem Maß sortenrein getrennt und daher gar nicht recycelbar, und wo das doch der Fall ist, existieren bereits funktionierende, geschlossene Kreisläufe, in die sinnvoller Weise nicht eingegriffen werden soll. Und: Recycling alleine sagt noch nichts über die Ökobilanz aus. Materialien, die an einem Ende der Welt gesammelt und am anderen Ende recycelt werden, werden eben über weite Strecken transportiert, was die Umwelt erst wieder belaste und den Nutzen des Recyclings zunichte mache.

Luptacik: „Die CO2-Steuer bringt uns substanziell nicht weiter, Regionalität schon eher“

Wenn schon Recycling, dann in regionalen Kreisläufen, regt daher Luptacik an. Das bedeute aber auch, dass Unternehmen zum einen nur Recyclingmaterial aus der nahen Umgebung verwenden sollten, und zum anderen, dass Unternehmen, die in ferne Länder exportieren, auch eine Mitverantwortung tragen, dass die in ihren Produkten verarbeiteten Materialien eben dort wiederverwertet und wiederverwendet werden können. Daher gelte es, bereits beim Produktdesign Materialkreisläufe über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts zu bedenken und den Einsatz schwer recycelbarer Materialien zu vermeiden. Regionalität habe daher für nachhaltiges Wirtschaften eine weit größere Bedeutung als das „Bestrafen“ von linearem Wirtschaften etwa über eine CO2-Steuer. Dennoch: Auch das optimalste Recycling alleine mache noch keine Kreislaufwirtschaft aus.

Am Ende landet alles im Container

Finanzierer, Bauherren, Projektentwickler, Architekten, Planer, Baufirmen, Betreiber: alle würden in jeweils ihrem Bereich durchaus auf Nachhaltigkeit setzen und dazu bestehende technische Möglichkeiten nutzen. Nur nutze jeder Akteur unterschiedliche Möglichkeiten auf unterschiedliche Weise und mit jeweils anderen Zielen. Da die gesamthafte Betrachtung des ganzen Zyklus fehlt, gehen Synergien verloren. „Das schaut dann in der Realität zum Beispiel bei Gebäuden so aus, dass von der Planung bis zur Nutzung jeder einzelne Schritt, aber eben nicht der ganze Prozess durchgedacht ist. Am Ende kommt der Abrissdienst und alles landet im Container“, konstatiert Luptacik. Der Dialog zwischen allen Beteiligten sei Voraussetzung, damit sie einander besser verstehen, ihre gegenseitigen Abläufe besser aufeinander abstimmen können und diese dann letztlich besser ineinander greifen, sodass nicht nur Recycling, sondern tatsächlich Kreislaufwirtschaft möglich werde. Luptacik meint: „Einer alleine beißt sich aktuell die Zähne aus an den Entscheidungen, die andere vor ihm getroffen haben.“

Nachhaltigkeit als Businesskompetenz

Nach wie vor sei Nachhaltigkeit ein personengetriebenes Thema, was zuweilen dazu führe, dass ein Nachhaltigkeitsbeauftragter alleine auf verlorenem Posten in einem Unternehmen kämpfe. Daher würden sich solche Unternehmen auch schwer tun, verbindliche Vorschriften umzusetzen. Mehr noch hätten solche Unternehmen kaum Zukunftsperspektiven: „Die Agenda 2030 kann nur umsetzen, wer klar strukturierte Ziele hat und diese mit der dafür nötigen Kompetenz umsetzt. Dafür braucht es ein Mindset, das Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft als Unternehmenskompetenz begreift“, so Luptacik.

Nachhaltigkeit hat ihren Preis

Doch gegenseitiges Verständnis, Mindset und Zusammenspiel müsse auch die Konsumenten einbinden. Nachhaltigkeit stehe zwar als Begriff hoch im Kurs, doch die Sensibilität für die damit verbundene Kostenwahrheit sei nicht gegeben: nachhaltiges Wirtschaften ist teuer und wird aktuell nicht belohnt. Produkte in Top-Qualität, jederzeit verfügbar, zu niedrigem Preis und von überall aus der Welt binnen 48 Stunden lieferbar, das entspreche zwar dem gängigen Konsumdenken, habe aber mit nachhaltigen Wirtschaftskreisläufen nichts zu tun. „Entweder gibt es einen ganz speziellen Wunsch-Bürostuhl jederzeit auf Lager um 120 Euro und diesen schnellstmöglich geliefert, oder es gibt einen nachhaltigen Bürostuhl. Aber den gibt es nicht unbedingt 24/7, nicht um 120 Euro und nicht in 48 Stunden geliefert. Das ist nachhaltig nicht machbar“, hält Luptacik fest. Er begrüße durchaus, dass immer mehr Konsumenten Wert auf Nachhaltigkeit legen. Der nächste Schritt müsse sein, dass sich Konsumenten an den Kosten für Nachhaltigkeit beteiligen und die Unternehmen damit nicht alleine lassen. „Wir befinden uns oft in einem Teufelskreis zwischen Nutzer, Unternehmen, Gesetzgeber, Entwickler und Konsument. Es braucht eine sinnvolle Rohstofftrennung und eine moderne Gesetzgebung. Unternehmen können helfen, die Prozesse der Kreislaufwirtschaft transparent, nachvollziehbar und allgemein verständlich zu erklären. Aber auch jeder Einzelne muss sein Verhalten ändern“, fordert Luptacik.

Neues Geschäftsfeld „Workplace Consulting“ bei Drees & Sommer Österreich

Seit 1. September 2022 ist Martin Luptacik Bereichsleiter des neu geschaffenen, interdisziplinären Geschäftsfeldes „Workplace Consulting“ bei Drees & Sommer Österreich. Der ausgewiesene Experte für „Neue Arbeitswelten“, Büroraumplanung und Change Management kommt mit einem eingespielten Team zu Drees & Sommer. Damit bietet das Immobilienberatungs- und -planungsunternehmen Nutzern und Bauherrn in Österreich umfassende Beratung von der Planung und Gestaltung von neuen Arbeitswelten über die Errichtung bis hin zum optimalen Betrieb.

 

In Kooperation mit dem ImmoFokus finden Sie in der Ausgabe 4 des Magazins aud Seite 166 noch weitere Details: https://immo-timeline.at/magazine/ausgabe-04-2022