Der Mensch im Mittelpunkt der Gebäudeplanung

Wir verbringen mehr als 80 % unseres Lebens in Gebäuden – sei es zu Hause, bei der Arbeit oder in öffentlichen Einrichtungen. Daher ist eine gesundheitsförderliche Planung des Gebäudes und deren Automation für das Wohlbefinden, die Gesundheit und die Produktivität der Menschen sehr wichtig. Sie optimiert die Luftqualität, den thermischen, visuellen und akustischen Komfort, was sowohl das physische als auch das psychische Wohlbefinden steigert.
Nachfolgend sind die fünf wichtigsten Aspekte erläutert, die beachtet werden sollten, um den Komfort für Gebäudenutzende bestmöglich zu gewährleisten und ihr Wohlbefinden zu optimieren.
Thermischer Komfort
Thermisch komfortabel ist ein Raum, wenn er weder zu kalt noch zu warm ist, die Luft nicht zu trocken oder zu feucht ist und keine Zugluft herrscht. Die Behaglichkeit wird dadurch garantiert.
Es beginnt mit der Wahl des Gebäudes, der Qualität der Gebäudehülle und der normgerechten Neubauplanung. Unter anderem gewährleisten diese den im Mietvertrag versprochenen thermischen Komfort. Bei der Planung muss auf Zuglufterscheinungen geachtet werden; durch optimierte Fenster- und Türdichtungen, angepasste Lüftungsauslässe und Windfänge. Die Luftfeuchtigkeit muss in allen Räumen während der Heizperiode mindestens 25 – 30 % betragen, und in der Kühlperiode darf der absolute Feuchtegehalt nicht über 30 – 50 % relativer Luftfeuchtigkeit liegen. Zudem sollten in allen Räumen gleiche Temperaturen herrschen.
Visueller Komfort
Ausreichend Tages- und Kunstlicht ist wichtig für das allgemeine Wohlbefinden und leistungsförderndes Arbeiten. Natürliches Licht und der visuelle Komfort, also was wir sehen, wirkt sich positiv auf die psychische und physische Gesundheit aus.
Künstliche Beleuchtung sollte ausgewogen, ohne Direkt- und/oder Reflexblendung sowie durch ein ausreichendes Beleuchtungsniveau und eine individuell anpassbare Beleuchtung geplant werden. Die Lichtfarbe sollte an die Tages- und Jahreszeit anpassbar sein, die Beleuchtungsstärke der Seco-Norm (wie z.B. mindestens 500 Lux am Arbeitsplatz) entsprechen und darüber hinaus individuell anpassbar sein (3 Lichtstärkenstufen).
Das Tageslicht muss blendfrei verfügbar sein und kann durch Blendschutzsysteme innen- sowie aussenliegend kontrolliert werden. Zudem sollten stark reflektierende Arbeitsoberflächen vermieden werden.
Der visuelle Komfort muss bei der Planung durch die Sichtverbindung nach aussen bei Arbeitsplätzen berücksichtigt werden und sollte auch in Pausen- und Besprechungsräumen ermöglicht werden.
Akustischer Komfort
Gute akustische Bedingungen sind entscheidend für Leistungsfähigkeit und Behaglichkeit der Nutzenden in den Innenräumen. Dauerhafter und zu hoher Lärmpegel reduziert nicht nur die Produktivität, sondern kann auch Herz-Kreislauf-Probleme und Bluthochdruck verursachen.
Eine hohe akustische Raumqualität wird über die Nachhallzeit bewertet. Ein Raumakustikkonzept sollte daher von einem Experten bereits in der ersten Planungsphase erstellt und planungsbegleitend betreut werden.
Massnahmen zur akustischen Abschirmung zwischen Arbeitsplatzgruppen sind am wirksamsten, während ein absorbierender Boden für die Abklingrate der Sprache weniger geeignet, jedoch für die Reduktion des Trittschalls in den Gängen ideal ist. Passende Raumhöhe, beidseitig schallabsorbierende Raumteiler sowie zusätzliche schallabsorbierende Oberflächen an der Decke und an den Raumteilern (30 – 70 % der mittleren äquivalenten Schallabsorptionsfläche) sind am hilfreichsten.
Auch in Kantinen, Bibliotheken und Pausenräumen sind Lärmminderungsmassnahmen zur Reduktion der Nachhallzeit zu beachten.
Innenraumluftqualität
Die Qualität der Raumluft ist entscheidend für die Gesundheit der Nutzenden und wird durch emissionsarme Produkte und eine angemessene Luftwechselrate erreicht.
Luft enthält viele Inhaltsstoffe, die gemessen werden können und die Luftqualität somit kontrolliert werden kann. Das Wichtigste ist der Sauerstoff, der manuell oder technisch in die Gebäude zugeführt werden kann. Die Planung durch Fachleute ist daher zwingend.
Luft kann auch gesundheitsschädliche Stoffe enthalten wie flüchtige organische Verbindungen (Volatile Organic Compounds, VOC) aus Innenausbaumaterialien oder Möbeln. Um die Emission von VOC im Innenraum zu vermeiden, müssen die Produkte auf emissionsarme Inhaltsstoffe geprüft werden. Besonders Farben und Kleber enthalten gesundheitsschädliche VOCs.
Ein weiterer bekannter Faktor für schlechte Luftqualität ist Feinstaub (Particulate Matter, PM), der vor allem über die Aussenluft in die Innenräume gelangt. Bei der Standortsuche ist daher auf die Aussenluftqualität und bei der Lüftungsanlage auf die Ansaugstelle zu achten. Eine mögliche Lösung ist der Einsatz von Feinstaubfiltern in Lüftungsanlagen. Feinstaub entsteht aber auch im Innenraum durch Drucker, die in separaten Räumen verortet oder durch Staubsauger, die mit Filtern ausgestattet werden sollten.
Sehr zu empfehlen sind kontinuierliche Raumluftmessungen von CO₂, VOC und Feinstaub. Dauerhafte CO₂-Konzentration über 900-1000 ppm, von VOC über 3000 µg/m³ bzw. Formaldehyd über 500 µg/m³ sind bedenklich.
Hohe Luftfeuchtigkeit verursacht Feuchteschäden und Schimmelpilzvorkommen und zu trockene Luft verursacht gesundheitliche Probleme. Die Messung der relativen Luftfeuchte in genutzten Räumen ist daher enorm wichtig, um rechtzeitig handeln zu können.
Inklusion, Aufenthaltsqualität und Gesundheitsförderung
Diese drei Punkte sollten rechtzeitig in der Gebäudeplanung beachtet werden. Sie stärken die Inklusion aller Menschen in dem Gebäude, bieten uns psychisches Wohlbefinden und fördern die Gesundheit.
Über die Schweizer Norm der Barrierefreiheit (SIA 500) hinaus kann zum Beispiel auf barrierefreie Möblierung und auf ein multisensorisches Leitsystem geachtet werden.
Geschlechterneutrale Toiletten und familienfreundliche Räumlichkeiten sind weitere Massnahmen zur Inklusion. Vielseitige Aufenthaltsbereiche wie offene Treffpunkte zum Austausch und vollausgestattete Küchen für Mitarbeitende fördern die sozialen Kontakte und stärken die Gemeinschaft.
Nutzbare Aussenflächen, sichtbare Treppen und Hochtische in Besprechungsräumen sind weitere Planungsmöglichkeiten zur Förderung der Bewegung und somit der Gesundheit.
Auf einen Blick:
- Thermischer, visueller und akustischer Komfort sowie eine gute Luftqualität tragen massgeblich zur Behaglichkeit und Leistungsfähigkeit bei.
- Die kontinuierliche Messbarkeit der Innenraumluft ist entscheidend für das Wohlbefinden, die Gesundheit und die Produktivität der Menschen. Moderne Gebäudetechnik und Raumautomation ist daher unabdingbar.
- Inklusive, gesundheitsfördernde Massnahmen und barrierefreie Räume steigern das Wohlbefinden und unterstützen die Gemeinschaft.
- Investitionen in fortschrittliche Technologien verbessern die Arbeitszufriedenheit sowie den Komfort für die Nutzer:innen und fördern den sozialen Austausch.
Dieser Artikel ist Teil des Whitepapers «Nachhaltige Gebäudekonzepte», welches Siemens Schweiz und Drees & Sommer Schweiz gemeinsam im Jahr 2025 herausgegeben haben. Unter folgendem Link können Sie das ganze Whitepaper herunterladen.