Mit MORYX Zeit sparen und Qualität erhöhen

Dipl.-Ing. Sebastian Palmer wurde 1979 in Bergisch Gladbach geboren. Im Jahre 2008 hat er seinen Abschluss als Dipl.-Ing. der Versorgungstechnik mit dem Schwerpunkt der Gebäudeautomation an der TH Köln abgeschlossen. Seitdem war er in verschiedenen Positionen von der Entwicklung bei der Firma WILO, über Betrieb bei der Stadt Köln, Contracting bei Siemens sowie Projektleitung und Vertrieb bei der Firma GFR, immer mit dem Fokus der Gebäudeautomation tätig. Im Jahr 2017 ist er bei Phoenix Contact als Solution Architect Building eingestiegen und ist dort seit Anfang 2020 für das Geschäftsfeld Projekt und Vertrieb in Deutschland verantwortlich. Dabei sind die Lösungen klar auf integrale und hochvernetzte Gebäude ausgerichtet mit dem Ziel die Betriebskosten über den Gebäudelebenszyklus zu minimieren.  

Markus Berghammer  erlangte den Ingenieur Elektrotechnik im Jahr 1988 an der HTBLA Braunau.
Er beschäftigte sich mehrere Jahre mit der Entwicklung von prototypischen Anwendungen in der Automatisierungstechnik in unterschiedlichen Industriezweigen. Seit 1994 war er größtenteils im Business Development und Vertrieb im Bereich der Automobilindustrie und dort mit der Entwicklung von Standards mit neuen Engineering Ansätzen beschäftigt. Seit 20 Jahren arbeitet er bei Phoenix Contact, wo er in der deutschen Vertriebstochter das Industriemanagement Factory Automation verantwortet. Seit Beginn von Industrie 4.0 beschäftigt er sich mit dem Thema der Digitalisierung. Mit seiner langen Erfahrung entwirft er hierfür Lösungsansätze für den Markt.

Herr Berghammer, was ist die größte Hürde, wenn Fabriken digital werden?

Berghammer: Bislang mussten viele Unternehmen sich eine maßgeschneiderte Lösung zur digitalen Integration und Steuerung ihrer Fabrik aufwendig entwickeln lassen und dabei alle Nachteile von Individualsoftware in Kauf nehmen. Es entstehen in unterschiedenen Ebenen vom ERP-System bis zur SPS unterschiedliche Datentöpfe, mit unterschiedlichen, nicht über alle Ebenen durchgängigen Daten. Damit ist die größte Hürde das Aufbrechen der Automatisierungspyramide.

Die IT- und OT-Systeme sind oft komplexe gewachsene Strukturen. Wie kommt man von der aufwendigen Entwicklung weg und wie kann man die Systeme integrieren?

Berghammer: Im privaten Umfeld sind wir es gewohnt, dass Digitalisierung und Integration einfach und günstig geworden sind. Bereits Drucker im unteren Preissegment lassen sich ohne besonderes Vorwissen innerhalb von Minuten ins Heimnetz integrieren. Auch die Definition kompletter logischer Abläufe in der Hausautomation ist heute ohne Programmierkenntnisse möglich. Wir setzen mit MORYX auf eine „No-Code“ bzw. „Low-Code“-Anwendung, bei der die Prozesse modelliert statt programmiert werden. Die MORYX-Plattform tritt damit den Beweis an, dass Stationen in der Fabrik mit Lasern, Robotern oder Prüfzellen genauso schnell in vernetzte Fertigungsprozesse zu integrieren und Produktionsanlagen ebenso flexibel und einfach wie ein Thermostat zu parametrieren sind. Das MORYX-Framework haben wir übrigens auf GitHub Open Source gestellt.

Sie sprechen von modellieren und parametrieren. Was muss man sich darunter vorstellen?

Berghammer: Im MORYX-Framework modellieren wir die digitalen Zwillinge der Anlagen, der Produkte und der Produktionsprozesse. Über deren Zusammenspiel errechnen wir die optimale Auslastung der Anlage und steuern den Ablauf und die Transportwege zur Laufzeit. Darüber erhalten wir eine extreme Flexibilität in der Fertigung und können auch problemlos neue Produktvarianten auf die Anlage bringen und die Kapazität erweitern. Die MORYX-Plattform stellt eine modulare Digitalisierungsplattform dar, auf der wir auf Wiederverwendung von getesteten Modulen setzen. Wir haben nach zehn Jahren Entwicklung und Einsatz schon viele Module wie Auftragshandling, Kennzahlenmodul, Transportmodul, Smart-Watch-Integration als getestete Module zur Verfügung, die nur noch parametriert werden müssen. Die Anbindung an die IT bzw. die OT erfolgt über angepasste Adapter und Treiber, die eine schnelle Anknüpfung an Bestandssysteme erlauben. Durch die Wiederverwendung spart das viel Zeit im Engineering und in der Inbetriebnahme und erhöht zudem die Softwarequalität.

Empowering the All Electric Society durch Sektorenkopplung war das Thema im Jahr 2021. Herr Palmer, das Facility Management stellt die Sektoren Wärme, Kälte, Strom für die Produktion bereit. Welche Reife hat die Transformation zu einem bedarfsorientierten Management erreicht?

Palmer: Ein Schlüssel ist das Smart Building Design, mit dem wir in eine 360-Grad-Betrachtung des Gebäudes gehen. Damit berücksichtigen wir bereits vor der Planung den kompletten Lebenszyklus des Bauwerks nutzerzentriert. Im Rahmen des Gebäudemanagements findet eine intelligente Verbindung der Gewerke und Anwendungen statt. Das vermeidet Silos. Anforderungen an die Nutzung leiten sich einerseits aus dem Bedürfnis der Menschen ab, andererseits aus den Anforderungen der Produktionsanlagen und -prozesse. Mit dem Konzept betrachten wir alle Sektoren vollständig. In enger Zusammenarbeit mit Planungsbüros der technischen Gebäudeausrüstung und der Fabrikplanung entsteht im Zuge der technischen Projektentwicklung ein intelligentes Gebäudemanagementsystem.

Was genau ist das: ein intelligentes Gebäudemanagementsystem?

Palmer: Basis ist die offene IoT-Plattform. Das Framework normalisiert alle Daten und schafft so Unabhängigkeit von den verschiedenen in der Gebäudeautomation eingesetzten Protokollen. Es wandelt Daten in Informationsobjekte um und stellt sie dem Managementsystem jederzeit und überall zur Verfügung. Das Framework vereint die Funktionen für die Integration, Visualisierung und Analyse sowie das Engineering und Reporting in einer intelligenten Plattform. Durch die Kombination von klassischer und IoT-basierter Kommunikation lassen sich sämtliche Anwendungen und Gewerke der technischen Gebäudeausrüstung in die Automation einbinden.


Berghammer: Mit den in der Produktion pro Typ gelernten Verbräuchen und den Informationen aus einem MES können wir den Energiebedarf für den Planungshorizont hochrechnen und bekommen ihn bedarfsgerecht und effizient zur Verfügung gestellt. Damit können wir sektorübergreifend arbeiten und die Betriebskosten senken.