Mut zur Innovation

Auf den Punkt gebracht – drei Fragen an Waldemar Korte, Architekt und Gesellschafter des Büros Mense-Korte ingenieure+architekten. Im Rahmen der Designing the Future Initiative haben wir Herrn Korte nach seiner Meinung zum Bauen von morgen gefragt.

Sein Wunsch: „Ich wünsche mir, dass die Baustoffindustrie ihre Materialentwicklung schneller vorantreibt, damit wir ökologische Häuser im 3D-Druckverfahren herstellen können.“

Waldemar Korte ist ausgebildeter Maurer und studierte Architektur an der FH Münster und stieg 2009 beim damaligen Büro Mense-Werner-Beyer ein, heute Mense-Korte. Das Büro-Motto „we shape the future“ ist für ihn keine reine Worthülse. Mit Mense-Korte ingenieure+architekten entwickelte und plante er das das erste Wohnhaus im Betondruckverfahren in Deutschland und betreute anschließend die Realisierung. Korte ist einer von vier Gesellschaftern von Hous3Druck UG. 

Was ist Ihre Erwartungshaltung an das Bauen von morgen und sind Ihre Erfahrungen von der Realisierung Ihres 3D-Betondruck-Hauses in Beckum übertragbar auf die komplette Bau- und Immobilienbranche?

Korte: Ich würde mir mehr Mut zur Innovation wünschen. Im Wohnungsbau hat sich in den vergangenen Jahrhunderten relativ wenig getan. Wir haben im Prinzip nur Steine aufeinandergestapelt. Es gab wenig Raum für Individualität und Flexibilität. Eine Automatisierung wie in der Automobilindustrie hatte bisher keinen Einzug gefunden. Jetzt kann eine Maschine alle vertikalen Bauteile eines Hauses eigenständig bauen. Das bringt extreme Vorteile mit sich. Weil die Geometrie für die Maschine unerheblich ist, gewinnen wir Formfreiheit, ohne einen Cent mehr ausgeben zu müssen. Daraus ergeben sich völlig neue Möglichkeiten für die Designkultur. Der rechte Winkel ist nicht mehr das Nonplusultra. Zudem brauche ich weniger Personal und baue schneller. In herkömmlicher Bauweise kannst du einen Rohbau zwar locker in einer Woche hochziehen, der gedruckte Teil unseres erstes Hauses aus dem 3D-Betondrucker entstand in 100 Stunden verteilt auf vier Wochen im Erdgeschoss und eine Woche im Obergeschoss, aber da waren Fassade, Dämmung und Leerrohre für Elektroleitungen schon komplett dabei. Allerdings sind wir mit dem Verfahren aktuell noch auf Größen von drei Geschossen mit etwa acht Wohneinheiten beschränkt. Und preislich können wir mit einem Standardhaus noch nicht konkurrieren, geschweige denn einen Beitrag für den sozialen Wohnungsbau leisten.

Bis wann könnte das Bauen aus dem 3D-Drucker konkurrenzfähig sein?

Korte: Perspektivisch ihn zehn Jahren. Zu Beginn des Projektes war ich optimistischer, aber die Mühlen in Deutschland mahlen sehr langsam. Von der Politik würde ich mir stärkere Impulse wünschen. Unser erstes Projekt hat sie gefördert, weitere leider nicht mehr. Um eine Technologie voranzubringen, muss aber jeder Farbe bekennen. Nur dann bekommen wir eine Skalierung hin. Die Kosten sind deshalb so hoch, weil es bisher nur eine extrem begrenzte Anzahl an Druckern gibt, auch das Material ist sehr teuer. Hinzu kommt, dass es in der Industrie keine echte Initialzündung gibt. Die Bauindustrie muss der handelnde Akteur sein. Die Schwierigkeit ist – das sehe ich bei uns Planern: Solange die Auftragsbücher voll sind, bequeme ich mich nicht, Innovation zu betreiben. Das kostet ja nur Geld. Deswegen ziehe ich den Hut vor unseren Partnern Peri und HeidelbergCement. Peri hat sich gesagt: Wenn sich so eine Technologie durchsetzt, machen wir womöglich weniger Umsatz mit unserer Schalung. Bevor uns hier einer das Geschäft kaputt macht, machen wir das selber. Und auch HeidelbergCement erwirtschaftet mit seinem Kerngeschäft noch Milliarden und fragt sich trotzdem: Wie geht es weiter mit dem Beton?

Welche Nachhaltigkeitspotenziale stecken im Verfahren?

Korte: Beton ist nur der Anfang – und es geht ja auch darum, den Druckmörtel nachhaltiger zu machen, indem man andere Bindemittel als herkömmlichen Zement mit seiner schlechteren CO2-Bilanz verwendet wie CO2-reduzierte Zemente, Harze und Kunstharze oder indem man mit recycelten Materialien arbeitet. In Italien gibt es ein Unternehmen namens WASP, das nur mit direkt von Baustellen abgebautem Material druckt. Es hat zwar eine sehr grobe rissige Druckstruktur, aber es ist ein Anfang. Grundsätzlich lässt sich das Verfahren mit allen möglichen Materialien anwenden. 14Trees druckt in Afrika Häuser aus Lehm. Da frage ich mich: Warum geht das dort und in Europa nicht? Weil es uns zu gut geht und wir keine Notwendigkeit sehen, in etwas zu investieren, bei dem es noch keinen Absatzmarkt gibt? Aber wie wollen wir unsere Klimaziele erreichen, wenn wir so weitermachen wie bisher?

 

HIER finden Sie weitere Informationen zu der Initiative Designing the Future.