Designing the Future

Sekundärmaterial ist sexy

Auf den Punkt gebracht – drei Fragen an Dr. Peter Mösle, Geschäftsführer der EPEA GmbH und Partner der Drees & Sommer SE. Im Rahmen der Designing the Future Initiative haben wir Herrn Dr. Mösle nach seiner Meinung zum Bauen von morgen gefragt.

„Wenn wir Beton recyceln, sparen wir viel Energie ein, die bei der Zementherstellung entweicht. Und das Beste ist: wir reagieren gleichzeitig auf die Rohstoffknappheit.“

Was ist Ihre Erwartungshaltung an das Bauen von morgen?

Dr. Mösle: Ich erwarte von der Bau- und Immobilienwirtschaft vor allem, dass sie die umweltschädigenden Auswirkungen des heutigen Bauens ernst nimmt und schnell wirkende Verbesserungen herbeiführt. Bauen ist doch im Grunde etwas Positives für den Menschen und die Gesellschaft; das sollte es auch für die Umwelt sein – ganz im Sinne des Cradle to Cradle®-Gedankens.

Die immer stärker in den Fokus rückende Rohstoffknappheit führt zwangsläufig dazu, dass wir unsere klassischen Baukonzepte überdenken. Stellt die Kreislaufwirtschaft im Kontext des Urban Minings eine maßgebliche Lösung dar?

Dr. Mösle: Eine der Möglichkeiten der Materialpalette des Urban Minings bildet Beton. Recyceln wir ihn, sparen wir viel Energie ein, die sonst bei der Zementherstellung entweicht. Und das Beste ist: wir reagieren gleichzeitig auf die Rohstoffknappheit. Das gleiche Thema haben wir bei allen anderen mineralischen Materialien: Stahl, Kunststoff etc. pp. Eine echte Kreislaufwirtschaft im Bauen berücksichtigt auch die Materialwerte so weit wie möglich. Und Sekundärmaterial ist einfach sexy.  

In der Schweiz gibt es bereits eine Verordnung, die Bauherren dazu verpflichtet, bei Neubauten bis zu 45 Prozent Recyclingbeton einzusetzen. Im Kanton Zürich ist es sogar schon umgedreht: Wer nicht zu einem höheren Anteil Recyclingbeton einsetzt, muss das begründen. Wenn ich mit renommierten Betonherstellern spreche, sagen die: uns behindern heute eher die DIN- oder EU-Normen. Bauherren könnten sogar sehr einfach bis zu 75 Prozent Recyclingbeton einsetzen und würden trotzdem die gleiche Sicherheit in der Standfestigkeit erzielen. Ich rede jetzt nicht von 200-Meter-Hochhäusern, da beschäftigen uns sicherlich noch ein paar andere Themen, aber für den klassischen Bau ist Sicherheit gar nicht mehr die Fragestellung. Leider hemmen uns aktuell auch noch die geringe Verfügbarkeit und die Kosten. Ich kann Recyclingbeton nicht über Hunderte Kilometer von A nach B transportieren. Das ergibt auch ökologisch keinen Sinn. Das heißt, wir brauchen dezentrale Strukturen. Und was die Kosten angeht: Aktuell sind die Methoden zum Herstellen und Verwenden von Recyclingbeton noch teuer, sobald sie aber weiterverbreitet und standardisiert sind, ist mit deutlich sinkenden Preisen zu rechnen.

Der Bausektor verursacht aktuell 38 Prozent der gesamten CO2-Emissionen. Ist es überhaupt sinnvoll, neu zu bauen oder sollten wir uns eher dafür einsetzen, den Bestand zu sanieren und den Leerstand zu nutzen?

Dr. Mösle: Ich wehre mich dagegen zu sagen, dass man generell nicht mehr neu bauen darf. Wichtig ist, dass wir vor jedem Rückbau oder Ersatzneubau diskutieren: Welche Art von Nutzung soll in das Gebäude rein und wie viel Bestand können wir maximal erhalten? Dann könnten wir auch den maximalen Mehrwert für Ökologie und Ökonomie rausholen.

Klar ist auch: wer neu baut, sollte die Rezyklierbarkeit an erster Stelle setzen. Das neue Gebäude soll möglichst komplett wiederverwertbar sein und somit sozusagen schon den Grundbaustein für die darauffolgende Generation liefern.

Wichtig ist also beim Bauen bzw. beim Sanieren im Bestand, dass der Sekundäranteil der Materialien eine attraktive Möglichkeit bietet. Dafür ein Bewusstsein zu schaffen, legen wir uns ins Zeug.

 

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